Mein Mann und ich sind einfache Leute, wir haben unser ganzes Leben auf dem Land verbracht, umgeben vom Duft frischen Heus und dem Gesang der Vögel. Unser Leben war mit der Erde verbunden, mit der harten Arbeit im Gemüsegarten und den langen Abenden am Ofen.
Wir haben einen wunderbaren Sohn großgezogen – einen klugen und freundlichen Jungen. In der Schule hatte er immer die besten Noten, und wir haben keine Mühen gescheut, um ihm eine gute Ausbildung zu ermöglichen.
Als er zum Studium in die Hauptstadt zog, machten wir uns Sorgen, aber wir waren auch stolz auf ihn. Bald fand er eine Arbeit, lernte seine große Liebe kennen – unsere Schwiegertochter – und gemeinsam bauten sie sich ein Leben auf.
Sie bekamen ein Baby, das jetzt zwei Jahre alt ist. Die Zeit vergeht so schnell, und leider sehen wir uns nicht so oft, wie wir es gerne hätten.
Kürzlich feierte meine Schwiegertochter ihren 30. Geburtstag. Unser Sohn lud uns frühzeitig ein und deutete dezent an, dass alle Gäste Geldgeschenke machen würden.
Natürlich konnten wir nicht mit leeren Händen kommen. Also mussten wir uns Geld von unseren Nachbarn leihen und zusätzlich unsere Ersparnisse nehmen, die eigentlich für die Dachreparatur gedacht waren. Es kam eine beachtliche Summe zusammen, aber wir bereuten es nicht – schließlich war es ein besonderer Anlass.
Die Feier fand in einem luxuriösen Restaurant statt, in dem wir noch nie zuvor gewesen waren. Alles war für uns neu und erstaunlich – das glamouröse Interieur, die Kellner in weißen Handschuhen, die laute Musik.
In der Mitte des Saals stand ein Geschenketisch, auf den ich unseren Umschlag legte.
Aber dann war ich wirklich überrascht: Es gab keine richtige, herzhafte Mahlzeit. Statt eines Buffets mit hausgemachten Speisen gab es Sushi mit Meeresfrüchten und andere seltsame Dinge, die buchstäblich im Wasser schwammen.
Den ganzen Abend versuchten mein Mann und ich, uns nichts anmerken zu lassen, und schwiegen. Das Essen war knapp, und wir fühlten uns fehl am Platz zwischen diesen „modernen“ Gerichten.
Als die Feier zu Ende ging, ging ich leise zum Geschenketisch, schaute mich um – und nahm die Hälfte des Geldes aus unserem Umschlag zurück.
Und es ist mir egal, ob sich jemand beleidigt fühlt.
Schließlich wurden wir nicht einmal satt, und das Geld für unser Dach ist nun weg.
Ich hoffe, ich habe richtig gehandelt.
